#13 | La Mezcaleria, Hôtel 1K, Paris, France


Visit: Winter 2021

Dieses Mal sprechen wir über ein kleines, verstecktes Juwel mitten in Paris, gelegen im Osten des Stadtzentrums, zwischen dem Dreieck aus dem Place de la République, der bekannten Metro-Station Oberkampf und der weltberühmten Little Red Door Bar, einer der wohl größten Dauergäste auf der Worlds50-Liste. Weitere bekannte Namen sind in direkter Nähe, nur 2 Seitenstraßen weiter z.B. Candelaria, auch diese ist mehr als einmal in jener Liste gelandet in der Vergangenheit. Warum die Mezcaleria in dieser bekannten Nachbarschaft jedoch keineswegs einen Vergleisch scheuen muss, könnt Ihr im folgenden Review herausfinden.

Aber warum überhaupt "versteckt"? Immerhin liegt sie relativ zentral, sogar, im Gegenteil zu oben erwähnten zwei, direkt an einem der Hauptboulevards, dem Boulevard du Temple.

Zunächst scheint es, dass sie von eben jenen nahegelegenen Bars (noch) etwas überscheint wird in Sachen Bekanntheit, andererseits befindet sie sich in einem eher mittelgroßen Designhotel (4-Sterne), dem Hotel 1K. Das Hotel selbst hat ein recht interessantes Design, einerseits auch mesoamerikanisch inspiriert, jedoch minimalistisch und modern. Man findet Details, einiges an Bepflanzung oder hier und da Farben, mal ein Teppich die an Mesoamerika erinnern. Gleichzeitig hat es viele relativ schmale Gänge, Ecken und Wirrungen, es kann bei dem ersten Aufenthalt oder Besuch mal verwirrend sein den direkten Weg zum Ziel zu finden.

Dann liegt die Bar nochmal innerhalb dieses Hotels als Speakeasy Bar durchaus unterhaltsam und spannend versteckt, hinter einer ominösen schwarzen Tür mit einem weißen Kreuz darauf, tatsächlich am Ende der Hotelküche, durch die man hierfür durchläuft. Speakeasy wirklich mal mitten im Alltag, nicht als Pseudo-Gimmick, das man eigentlich doch sehr offensichtlich und problemlos findet, das weiß zu gefallen und zu überraschen.

Schreitet man durch jene düster-mysteriöse Tür, kommt man in einen schon sehr - deutlicher und lauter als das Hotel selbst - auf das Thema designten, aber doch irgendwie sympathischen und noch an der Grenze zur Übertriebenheit fahrenden Barraum mit überraschend viel Platz (und Farbe). Ausgeleuchtete Decke, wenn auch nicht so hell wie auf der Foto-Auswahl oben, eine Fensterwand zu einem kleinen, netten Innenhof und das Highlight, neben dem großen Deckenkreuz, ist definitiv die Theke. Die gesamte Wand dahinter ist mit mexikanischen Zeitungen beklebt, kleine Details und lockere Sprüche mit einem Augenzwinkern hier und da und vor allem überall Mezcal, ernsthaft.
Man findet keine Zahlen, ich jedoch würde mindestens von >100 Sorten ausgehen, davon viele, die man nicht in jeder zweiten Bar sieht, Small Batches, Limited Editions, in Europa seltener zu findenden Marken.

Auch amüsant, das Letter Board direkt mittig über der Bar selbst, mit Beispielen wie:
- If you can read this you need more Mezcal
- Choke me Please
(passend zum damaligen Menü)
- Sucks to be their letter board

Wenig überraschend, aber stimmig läuft dazu RnB und Hip Hop mit merklich mexikanischer Prägung, aber nicht zu laut (zumindest wenn man früh genug da ist).

Das Team und Personal sind gut gelaunt und erfreut über das Interesse und Kommentare zum Drink, was man daran gut findet und es wird gerne von selbst mehr über die Kreationen und Gedanken dahinter erzählt. Obwohl nur Zeit für zwei Drinks vorhanden war und man sich eher kurz kennenlernte, durfte natürlich zum Abschied nicht ein Shot Union Mezcal mit dem Kellner und Bartender auf Kosten des Hauses fehlen.

Passend zur aufgelockerten Einrichtung und den Details im Bardesign, bringt auch das Menü der Bar immer gute Laune, die nötige Prise Humor und insbesondere im damaligen Fall - inzwischen ist man ein Menü weiter - auch eine gewisse künstlerische Progressivität mit. So bestand es bei meinem Besuch aus semi-Akt-Fotos, sowohl vom Barteam als auch Freunden der Bar, sortiert und benannt nach sexuellen Fetischen bzw. Interessen und Vorlieben, mit längeren Stichwörtersammlungen der jeweiligen Charaktereigenschaften innerhalb der Orientierung zu jedem Drink und Foto. Bedeckt wurden die Models lediglich mit übergegossener, knalliger Farbe, daher auch der Name der Menüausgabe: Chromatic Bombastic (anklicken für das volle Menü).

Je nach Ausprägung des Drinks, wenn es z.B. um eine eher verspielte oder mutige Persönlichkeit und Sexualität ging, kamen dann absichtlich auch mal 1-2 Zutaten in kleinen Dosen vor, die vielleicht eher unkonventionell für gehobene Bars wirken, wie etwas Captain Morgan Spiced oder Jack Daniels Apple Liqueur.
Das Konzept wirkte so überzeugend direkt und frisch, sowie die Drinks selbst es wussten mit spannenden Aromenkombinationen neugierig zu machen, dass es fast schwer fiel sich auf zwei zu einigen. Als ich jedoch sah, dass - wie bei diesem Besuch in gefühlt jeder Pariser Bar - ein Drink mit Pineau des Charentes auf der Karte war und ich ihn so auch direkt mit dem der Danico Bar (auch diese in der Worlds50 zu finden), vergleichen konnte, war dieser schonmal gesetzt.

Dirty Honeyyy

Dirty Honeyyy:

| Koch Espadin Mezcal
| Bourgoin Pineau des Charentes
| H. Theoria Cuir Loitain
| Tea Liqueur
| Selfmade Honey Bitters

Dazu selbstgemachte essbare Deko in Form von Waben, aus nussig-cerealien-artigem Keksteig. Ein sehr schönes Aroma, ungewohnt die Agave mit intensiver, frischer und leicht süßlicher Weintraube, Walnuss, Tee, im Mund ebenso frische Agave und Trauben vorne weg, dann merkbar Trockenfrüchte vom Pineau und dem Theoria Likör, Walnuss, Earl Grey Tee und sanfter, garnicht pampiger Honig zum Ende. Ein sehr schön balancierter Drink, Mezcal wird hier mal elegant und rund inszeniert.


Swinger's Delight:

| Koch Espadin Mezcal
| Angostura White Reserve
| Ruby Port
| Chilli Tincture
| Agave Syrup

Schlicht im Nick & Nora serviert, sehr schön mit weißer Schokolade außen künstlerisch mit Pinsel aufgetragen. Zwar muss man natürlich etwas aufpassen wo man dann das Glas hält, aber es ist wirklich das perfekte I-Tüpfelchen als Geschmacksakzent. Für Liebhaber gewisser Würze und Schärfe ist der Drink ein Must-have. Agave, aber der raue Charakter von Mezcal schon geglättet und aufgefrischt von seidig wirkendem weißen Rum, der rote Port nur dezent, nicht überlagernd und dann doch merkbar Chilli. Wenn man dann aber beim Antrunk die weiße Schokolade sanft mitnimmt, kommt eine neue Dimension dazu, das Chilli wird mehr gebändigt.



Swinger's Delight

Die La Mezcaleria hat sich bereits mit einem Besuch in mein Herz gemixt und erweitert das bereits große Pariser Spektrum wirklich wundervoll. Nichts war hier auszusetzen, klassisch Speakeasy mit versteckter Tür, immer lustig, gute Stimmung und nette Bartender, check, top Drinks und kreativ-progressive Menüs (speziell auch im Design)? Aber wie!

Gäbe es nicht so viel in Paris, würde ich hierhin gerne bei jedem einzelnen weiteren halbjährlichen Besuch zurückkehren, was sonst nur die weltberühmte Little Red Door und das Danico von sich behaupten können, sowie zuvor das nun geschlossene Mabel.

Außerdem scheint es immer noch außerhalb der Stadt (und teils sogar noch in Paris selbst) ein relativer Geheimtipp, also nutzt die Gelegenheit, wenn ihr in Paris seid!

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