#23 | Barreldier, Athens, Greece


Last Visit: Spring 2023


Neben unserem ersten Artikel über The Clumsies gibt es in Athen, Griechenland, noch viele Bars zu entdecken. Schauen wir uns also eine der oft übersehenen, buchstäblichen Ecken der Athener Barkultur an, das Barreldier.

Viele alte Plakate und die Jazz-Pop-Playlist könnten den Eindruck einer typischen American Bar im Stil so vieler „Speakeasy“-Revivals erwecken. Der aufgeschlossene Besitzer erklärt allerdings gerne so viel wie möglich über das Barrel Aging oder die hausgemachten Wermuts, und auch die sich in die Playlist geschlichene japanische Popmusik verleiht dem Barreldier einen eigenen Charme.

Das Barreldier liegt in der Nähe des Specialty Coffee Cafés Kaya, über das wir ebenfalls im Bereich Coffee Culture schreiben werden, und ist eine echte Tagesbar. Als ich mir meinen morgendlichen Kaffee holte, wurden bereits die Vorbereitungen für die Eröffnung getroffen, und als wir am Nachmittag im Barreldier waren, bietet sich angenehme Abwechslung zu den Bars, die erst später am Abend öffnen.

Das Barreldier befindet sich in einer kleinen Ecke am Eingang eines Innenhofs, der mit Geschäften und Cafés gefüllt ist, und ist, wie viele Bars der Stadt, nach außen hin geöffnet, gerade im Sommer, wenn viele Tische auf der Straße stehen. Die Bar feiert 2024 ihr 10-jähriges Bestehen. Wie der Name schon vermuten lassen könnte, liegt der Schwerpunkt auf klassischen stirred drinks, von denen so einige in Fässern gereift werden.

Pente:

| Metaxa
| Barreldier mandarin liqueur
| Tonic syrup
| Lemon
| Sage

Ein perfekter, leichter Start in den Tag oder für das Mittagessen der Wahl. Sicher, der Metaxa hätte genauso gut ein leichter Cognac sein können, aber warum sollte man in Athen diesen Weg gehen? Das Weinbranddestillat passt perfekt zu den leichten Mandarinennoten (auch dieser Likör ist hausgemacht) und fügt zusammen mit dem hausgemachten Tonic-Sirup Noten von Zitrone, Trauben sowie die genau dosierte Menge an Trockenheit für einen schönen Aperitif hinzu.

/rds

East India:

| Cognac
| Orange Liqueur
| Barreldier Dry Vermouth
| Maraschino Liqueur
| Grenadine

Eine spritzige Zitronennote in der Nase, die durch den Orangenlikör, die Cognac-Trauben, den trockenen Wein, den samtig-zuckrigen Maraschino und die Grenadine, den Honig und die Orange verstärkt wird. Ein angenehmer Cocktail, der auch bei wärmerem Wetter funktioniert, denn die Fässer bringen die fruchtigen Aromen zur Geltung und nehmen dem Alkohol die Kanten. Klassisch, aber immer noch raffiniert genug für die Geschmacksnerven von heute.

/jf

Barrel Aged Negroni:

| Gin Blend of 3
| Bitter Apéritif
| Blend of 2 Barreldier red vermouths

Wenn man eine Bar besucht, die das „Fass“ bereits in ihrem Namen trägt und ein halbes Dutzend fassgereifte Drinks anbietet, muss man natürlich den Klassiker dieser Bartechnik probieren: Der Negroni. Mittlerweile mag ich Abwandlungen von Negronis, vor allem mit Rum oder Mezcal, aber ich stehe immer noch nicht so ganz auf den klassischen Gin. Man sollte meine Worte also mit Vorsicht genießen, denn ich kann die perfekten Nuancen, die die (faszinierenden) hausgemachten Gin- und Wermutblends zu diesem Klassiker jeder Bar beitragen, wahrscheinlich nicht so herausschmecken, wie die Übernegroninerds (ja, das Wort habe ich gerade erfunden). Aber was ich definitiv sagen kann: Es war einer der besten klassischen Gin Negronis, die ich je getrunken habe, und das muss doch etwas wert sein, oder?

/rds

Die Reifung erfolgt in relativ kleinen Fässern und kann daher auch von der Verfügbarkeit abhängig sein. Was es für die klassischen Cocktails hauptsächlich tut, ist, sie im Geschmack auszubalancieren, anstatt eine Menge Komplexität hinzuzufügen. Es wird gar nicht erst versucht, die Wirkung eines guten Fasses auf einen Rum oder einen Whisky zu imitieren, der 10 Jahre oder länger gereift ist, was natürlich wesentlich länger ist, aber das ist durchaus sinnvoll.

Die Reifung erfolgt in relativ kleinen Fässern, weshalb natürlich manch Cocktail nicht an jedem Tag verfügbar ist. Der Gedanke, wie immer beim barrel ageing, ist es die hier insbesondere auf die Spirituose fokussierten Drinks ein wenig zu glätten und samtiger zu machen, was auch in unseren Probefällen sehr gut funktioniert hat. Der Fasseinfluss war nie zu wenig oder zu stark. Einen Mehrwert in Sachen von Komplexität, wie bei richtiger, langfristiger Whisky- oder Rum-Lagerung in Fässern, kann es dabei freilich nicht imitieren.

Die Auswahl an Spirituosen ist solide und umfasst die Klassiker insbesondere in den Kategorien Scotch, Bourbon und Gin, die natürlich in erster Linie mit den hausgemachten Zutaten und der Reifung im Fass zusammenpassen müssen. Hier und da gibt es ein paar Raritäten, die aber tagesabhängig sind und nicht Teil der regulären Cocktailkarte sind.

Das Essen haben wir nicht probiert, aber als Tagesbar, vor allem in Athen, gibt es auch vollwertige Gerichte, sowie Frühstücks- und Brunchoptionen. Ich empfand es als sehr angenehm, dass es eine leicht zugängliche Bar gab, die für Cocktails zwischendurch nicht überfüllt war. Oder wie im Fall von Rumble in the Jungle, das für eine private Veranstaltung gebucht war, von der wir nichts wussten (da es nirgendwo kommuniziert wurde), obwohl wir die „Rezeption“ in der Bar In Front Of The Bar vorher extra besucht und gefragt hatten. Das Handwerk stimmte außerdem auf den Punkt genau und der Barchef hinter der Theke hatte einen klasse oldschool-charaktervollen Charme.

Ich für meinen Teil bin froh, dass es in der Stadt eine Alternative zu den Bars gibt, die sich mehr auf Wein oder eine bestimmte Art von Drinks bzw. Spirit-Kategorie konzentrieren (Rum für Baba Au Rum natürlich, oder Mezcal/Tequila für Barro Negro). Über diese beiden Bars werden wir Artikel veröffentlichen, ebenso wie über das Projekt The Line von Clumsies. Fans von unkomplizierten, stirred Drinks mit einem kleinen Schuss hausgemachtem Charme können einen Besuch im Barreldier vor dem Abendessen einplanen, um Athen aus einer anderen Perspektive zu sehen.

Cheers

/jf

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