#24 | Goldene Bar, Munich, Germany


Last Visit: Fall 2023


Über fehlende Highclass-Bars in deutschen Hotels zu lästern ist ja eine Art Hobby von mir, aber Highclass-Bars in (Highclass-)Museen? Ich denke, da wird selbst international nicht übermäßig viel zu finden sein, auch wenn ich mir sehnlichst gegenteiliges wünschen würde. Über Pop Up Bars in Museen und zu großen, neuen Austellungen, habe ich ja schon in unserem Thoughts-Artikel geschwärmt, bzw. wohl eher davon geträumt. Dazu passend sprechen wir diesmal über die Goldene Bar in München, im Haus der Kunst, direkt am Englischen Garten.


Sie trägt die Bürde und zugleich Ehre einer illustren Geschichte. Bereits 1937 wurde hier die erste Bar, bzw. heutzutage würde man schon eher "Gastro-Konzept" sagen, gemeinsam mit dem Museum eröffnet, welches als typischer Nazi-Prachtbau angelegt war. Neben Einrichtungen für Schlösser hatte der Architekt, Paul Ludwig Troost, auch Luxusliner mit ausgestattet und beide Einflüsse kann man wiedererkennen. Sie ist definitiv einer der rein visuell beeindruckendsten Bars des Landes, mit ihren bekannten, noch von der Eröffnung stammenden, goldenen Wandmalereien. Diese zeigen Ausschnitte aus Weltkarten und haben dabei bereits in den 30ern sogar faszinierenderweise Anspielungen auf wichtige Aspekte für die Bar-, Spirituosen- und Weinkultur enthalten, Schottland, Sherry, der Transport von Zuckerrohr, usw.

Erwähnt sei auch der Weg zur Bar: An der hinteren, rechten Ecke des Gebäudes gelegen, geht man außen vorbei und dann durch den Eingang zunächst durch einen langen, zur Bar gehörenden und nett designten Gang mit bereits mehreren, gemütlichen Sitzmöglichkeiten und einer sehr coolen, kleinen "Vor-"Bar mit Theke. Außen, auf der riesigen, steinernen Museumsterasse wiederum wird es im Sommer sehr voll mit entsprechender, temporärer Bestuhlung und zu heißen Zeiten auch ausschließlich Außen-Service.

Fotorechte: Alescha Birkenholz

Barinhaber Klaus St. Rainer ist einer der bekanntesten Namen in der deutschen Barszene, ein Ruf, der sich über zwei Jahrzehnte (alleine in Topbars) aufgebaut wurde. Über 7 Jahre im Schumann's, 2010 folgte dann die Selbstverwirklichung in unserem heutigen Objekt des Interesses. Jury in der World Class Competition, immer wieder in zahlreiche auch internationale Projekte involviert (ebenso bereits vor der Eröffnung der Goldenen Bar), mal eben 3 Bücher veröffentlicht, sowie 2 weltklasse Bitters kreiert und in den Handel gebracht. "Cocktails: Die Kunst, perfekte Drinks zu mixen" zähle ich by the way zu den besten, insbesondere auch in deutscher Sprache erhältlichen Barbüchern, dazu einmal später im Detail mehr in unserer Bücher-Kategorie. Man sieht also, man befindet sich in sicheren Händen bzw. zumindest dem, was sie aufgebaut haben.

Das Menü ist hierbei gewaltig, über 65 Drinks (zählt man die 8 nicht-alkoholischen dazu) waren es bei meinem letzten Besuch und damit fast schon rekordverdächtig, was Print-Menüs angeht. Klar haben saisonale, kreativ gestaltete Kunstobjekte im Kleinformat auch ihren Charme, um es mal sehr in die andere Richtung zu überspritzen. Doch liebe ich auch die inzwischen nur noch seltenen Male, wenn man so ein "Best of 20+ years Barerfahrung und Drinkoptimierung" vorfindet. Das legendäre Shepheard in Köln hatte dies bis zu seiner Schließung, mit den Highlights von über 5 hochtalentierten Bartendern, die im Laufe der Jahre kamen und neue Gefilde suchten. Sonst kenne ich was High End Bars angeht wohl nur noch das Seiberts, ebenfalls in der Stadt am Rhein, dass eine ähnlich umfangreiche Karte führt und dabei aus einer beeindruckenden Karriere sourcen kann.

Dead Presidente

| Sixty Six Rum
| Molasses Grenadine
| Noilly Prat
| OK Drops

Typische Klassiker der zweiten Reihe haben ja immer einen Platz in meinem Herzen und ich bestelle sie immer gerne, schon alleine als stilles Danke an die Bar, dass man den jeweiligen Drink auch mal auf einer normalen Karte sieht. Hier haben wir einen kleinen El Presidente Twist, der Orangenlikör wird direkt weggelassen, selbstgemachte, deftig-fruchtige Granatapfelmelasse statt Standard-Grenadine und die auch international hochgelobten OK Bitters/Drops von St. Rainer himself finden Einsatz. Was rauskommt ist ein wunderbar stimmiger, eleganter und süffiger Rumdrink mit der nötigen Balance aus Frucht und dezenter Würze. Spannend, da Rum + Frucht ja leider fast immer gleich Sour oder Banana-OF bedeutet, obwohl es soviel spannendes im gerührten Bereich zu entdecken gibt und hier haben wir ein anschauliches Beispiel.

Smooth Criminal

| Stork Rye
| Orange Curaçao
| Luxardo Maraschino
| Sugar
| Fresh Pineapple
| Champagne Perrier-Jouët


Ich hätte wirklich ein halbes Dutzend anderer Drinks ebenso als zweiten wählen können, so riesig ist eben dieses Menü. Doch die nicht ganz alltägliche Kombination von einem Rye Whiskey, Ananas und Champagner hat es mir angetan, angelehnt an einen Prince Of Wales, bzw. eine der diversen Variationen die unter dem Namen firmieren.
Ideal zubereitet und serviert, zeigt sich auch hier was die Goldene Bar auszeichnet: Präzision, Handwerk, klassisch und nicht zu viel Aufregung. Der eher mit hellen, nussigen Noten gesegnete Stork Rye, den man interessanterweise überall in München wiederfindet, passt perfekt zu einem knackig-trockenen Champagner Drink. Dieser Champagner ist mit PJ übrigens ein sehr hochwertiger und auch die Wahl meiner Nr. 1 Bar weltweit, also auch hier Bonuspunkte meinerseits. Die gibt es auch noch für die letzte, besondere Wahl: Keinen Ananassaft einfach in den Shaker, wirklich nur ein bis zwei kleine Ananaswürfel á 2-3cm werden mitgeshaked, mehr nicht. Dies trägt zum schön trockenen und stimmigen Geschmack bei, ein knackiger Drink mit schönem Körper - ob zum Essen oder als Abschluss am Sommerabend.

Zwei weitere Empfehlungen, bereits bei früheren Besuchen (mehrfach) bestellt und regelrechte Staples der Bar im Museum sind der Dirty Old Bastard, mit Ardbeg 10, Lapsang Souchong Sirup, Chilli und den eigenen Sexy Bitters, sowie der immer gut abgestimmte Corn 'N' Oil. Ein weiterer B-Kategorien Klassiker, den ich gerne öfter in Bars sehen würde und hier mit Black Tot Rum, selbstgemachtem Falernum und erneut den Sexy Bitters zubereitet. Beide Drinks punkten mit Power, Kraft und Würze, die jedoch immer noch stimmig eingefangen wird und gut mit dem Schmelzwasser umgehen kann, ohne zu verlieren.


Wie stehen wir also zur Goldenen Bar? Deutlich wurde bei inzwischen mehreren Besuchen, sie wird ihrem Ruf als "Modern Classic" der deutschen Barszene mehr als gerecht. Die Mischung aus einer riesigen Karte mit großteils Signatures (wenn auch oft kleine Twists auf einen Classic) für jeden Geschmack, die absolut traumhafte Location, die trotz dieser Location und Eleganz immer recht lockere Stimmung, sowie die Möglichkeit auch vollwertig zu essen, sind eine unschlagbare Kombination und machen die Goldene Bar auch heute zu einem der wichtigsten Tipps in München. Spannend fände ich es gerade in so einer Bar einfach als "Bonus" nochmal ein fokussiertes, thematisches Menü mit 6-10 Drinks und auch etwas Design dahinter zu sehen, abseits von den Special Summer Sippern bei 30 Grad. Ich bin sicher es würde ebenso wenig enttäuschen und vielleicht nochmal etwas aktuellen Fokus in der Szene auf diese Institution werfen, auch wenn man dies sicherlich nicht nötig hat.


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