Handcrafted Bitters - Will Budiaman


Handcrafted Bitters:

Simple Recipes for Artisanal Bitters and the Cocktails That Love Them

Will Budiaman / 190 Pages / July 2015


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Inzwischen gibt es ja doch so einige Bücher und umfangreiche Online-Sammlungen zu selbstgemachten Bitters. Wie sich dagegen dieses schon recht früh (2015) erschienene Handbuch schlägt, will ich euch hier erläutern.

Will Budiaman selbst ist tatsächlich garkein Bartender, was aber nicht selten bei Cocktailbüchern ist, insbesondere bei Rezeptsammlungen und noch mehr bei Meta-Themen, die viel Überschneidungen mit anderen kulinarischen Themen haben, wie eben auch Bitters & Tinkturen. Er hat einen Abschluss am anerkannten International Culinary Center, ist NYC based Autor und Rezepteentwickler für diverse Firmen, Magazine und Websites, darunter Bon Appétit und Epicurious (sehr cooler Youtube-Kanal, btw), sowie sogar Ghost Writer für bereits 3 moderne Kochbücher gewesen.

Nach sehr knappem Vorwort und Einleitung, beginnt er mit einer ebenfalls kurzen Zusammenfassung -vielleicht 8-10 Seiten- der Bitters-Geschichte, alles einfach verständlich, aber eben auch recht gerafft. Wer umfassend über Bitters und ihre Tradition informiert werden will, sollte definitiv zu anderem greifen (oder auf spätere Reviews warten…). Dieser Anspruch wird aber ja auch nicht im Titel erhoben, der mehr den D.I.Y. Aspekt hervorhebt. Dazwischen immer wieder, wie in modernen Magazinen, so "Einschubfenster" mit einem Mini-Thema, das sind z.B. der Old Fashioned und Sazerac als die zwei fundamentalen Bitters-Drinks der zwei bekannten Marken (Ango und Peychaud's), aber coolerweise auch zwei kurze Einschübe von Bitters-Marken Mitgründern, von Scrappy's und Hella Bitters.

Ein Beispiel für die Bitters-Rezepte

Nun kommt das sogenannte "Bitters Lab", hier geht es um die Vorbereitung und wichtigen Informationen. Zunächst Zutaten, wo er zu den wichtigsten je 6-8 Beispielen durchaus nette Beschreibungen der Notes gibt. Unterteilt wird wie üblich in Bittering und Flavouring Agents, sowie Spirits (als Grundlage). Davon hätte ich gerne noch ein paar mehr gesehen, aber wie auch an anderer Stelle, beschränkt es sich eben auf genau die, die man für die immerhin 28 Rezepte (durchaus gute Zahl für so ein kleines Handbuch) braucht.

Es folgt die übliche Liste der Utensilien, die benötigt werden, aber auch eine sehr nette kurze Tipp-Liste, was das Besorgen der Zutaten angeht. Welche Art Geschäfte gibt es, worauf solltet ihr bei der Auswahl im Kauf achten, usw., natürlich theoretisch auf die USA bezogen, aber fast alles hilft einem auch hier in Deutschland z.B..

Dann kommen wir schon zu der Zubereitung an sich, "The Method".
Hier wird es interessant, es werden die zwei unterschiedlichen "Schulen" bzw. Vorgehensweisen erklärt, "Combine & Infuse", also wie bei simplen Infusionen einfach eben alles direkt in den Spirit geben je nach benötigter Infusionszeit. Alles spielt sich quasi in der einen Bottle ab und wird fertig zubereitet zum Gebrauch. Oder eben der zweite Weg per Tinkturen, was auch viel im Buch genutzt wird. Hier bereitet man stattdessen mit meißt nur einzelnen oder sehr wenigen Zutaten genau auf eine Note fokussierte Tinkturen (Rhabarber-Tinktur, Orangen-Tinktur, usw.) zu und wenn ihr damit Bitters herstellen wollt, mischt ihr verschiedene Tinkturen plus Wasser und Zucker zusammen. Auf die Weise könnt ihr natürlich mehr in kleinen Chargen viel mit Ratios experimentieren und riskiert nicht zuviel auf einmal.

Er gibt hier einen wichtigen "Primer", also allgemeine Anleitung wie Tinkturen generell immer in der Herstellung funktionieren werden, mehr Tipps und eine nette, kleine Tabelle für die Infusionszeit aller (wieder nur für das Buch) benötigter Zutaten als Tinktur.

Danach fangen erst die wirklichen Bitters-Rezepte an (siehe Foto 1 oben) und zwar je einzeln in den Cocktailkapiteln (siehe Foto 2 unten).

Die Aufteilung nach Jahreszeiten & Bitters

Diese sind nach Jahreszeiten aufgeteilt, mit jeweils dazu passend ausgewählten Drinks, die natürlich alle Bitters nutzen, im Idealfall die hausgemachten.

Solch eine Aufteilung, also die Bitters-Rezepte so über das ganze Buch verteilt zu haben, wirkt erstmal etwas verwirrend auf den Cocktailbuch-Leser, ist man sonst meißt gewohnt alle "Zusatzrezepte" für Infusionen usw. gesammelt davor oder danach zu finden. Hier macht es aber durchaus Sinn, sich an den Anwendungsbeispielen zu orientieren, kann manchmal jedoch dadurch zu längerer Suche führen, als wenn man eine gesammelte Liste zu Beginn/Ende hätte.

Insgesamt sind von den 28 Bitters-Rezepten ca. 2/3 mit der Tinkturmethode gemacht, der Rest per klassischer Sammelinfusion. Dies kann also teils wirklich bedeuten, dass einfach nur 2-3 Tinkturen + Wasser und Zucker in der Anleitung stehen.

Pro Bitters-Rezept sind es immer 2 Drinks (insgesamt somit 56), fast alle dabei Riffs auf Klassiker oder andere, bekannte Rezepte, Stichwort Blood Orange Negroni, Smoky Old Fashioned, Rhubarb Martini, usw. (nicht alle, lassen sich so einfach aus dem Namen ableiten).

Pro Jahreszeiten-Kapitel gibt es dann zwischendurch nochmal eine Doppelseite als Einschub, "Take it to the next level", wo quasi als Inspiration weitere Kräuter, Früchte, Gewürze, usw., die für die Jahreszeit typisch sind, genannt werden. Hier soll einfach gezeigt werden, was noch möglich ist und weiter Ideen angespornt werden, ganz nett.

Am Ende werden nochmal kurz ein paar kommerzielle Bitters genannt, die Auswahl wirkt etwas zusammengewürfelt, vllt. 10 Stück, teils nur bestimmte Abfüllungen einer Marke, teils ganze Marken, TBT ist z.B. garnicht vertreten.

Dahinter Quellen, sowie getrennt Rezept-Index und allgemeiner Index.


Fazit:

Handcrafted Bitters ist für das was es sein will, ein kleines Handbuch für Bittersherstellung und als Bonus noch Anwendungsbeispiele in vielen Klassikern, ein sehr gut zusammengestelltes Werk. Einzigartiges Design, Mehraufwand (z.B. auch Infusionszeiten für Tinkturen, die nicht speziell im Buch später genutzt werden, mehr zur Geschichte, usw.) oder geniale Texte solltet ihr nicht erwarten. Für die, die zum titelgebenden Thema ein Buch wollen, wäre dies jedoch definitiv in meinen Top 2-3 Empfehlungen, da an sich umfangreich in seinen Rezepten, kurzweilig geschrieben und sich auf das Wesentliche konzentrierend.

Wer schöneres Design & Haptik, sowie etwas mehr Geschichte und auch mehr Signature Drinks haben möchte, greift zuerst zu Bitters von Brad Thomas Parsons (Review folgt in naher Zukunft). Dafür aber auch mit nur knapp halb so vielen Bitters-Rezepten. Außerdem überschneiden sich sehr wenige eben dieser, daher kann ich jedem Interessierten empfehlen beide Bücher zusammen zu holen, um die ganze Bandbreite abzudecken.

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