Mezcal + Tequila Cocktails - Robert Simonson


Mezcal and Tequila Cocktails:

Mixed Drinks for the Golden Age of Agave

Robert Simonson / 176 Pages / April 2021


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Simonson, der inzwischen diverse Cocktailbücher mit auch teils recht unterschiedlichen Themen und Designs veröffentlich hat, legt hier - um es vorweg zu nehmen - ein sehr kurzweiliges, ansprechendes Cocktailbuch vor, das typisch für die Kategorie “Rezeptsammlung” ist.

Klein, handlich und mit 176 Seiten auch eher von der schmaleren Sorte, wird nicht viel vorher rumgeschwurbelt. 15 Seiten kurze Einleitung, in der es eher nur um den modernen Wiederaufstieg der Popularität von Agave Spirituosen seit Beginn der 2000er geht und keinesfalls um irgendeine wirkliche Historie davor, schreibt er selbst als Fazit gut zusammenfassend:

"The recipes that follow are some of the best the agave bars and agave wizards in the world have to offer, including a dozen or so that have archieved the status of modern classics. Most are easy to assemble. I’ve tried to keep the special syrups and infusions needed to a minimum.”

Und er hält Wort, die wenigen noch fehlenden Seiten zu den Rezepten bringen einen schon zum Schmunzeln, wenn man manch andere Werke kennt:

2 Seiten "Equipment", meint hier wirklich Jigger, Shaker und die wichtigsten 3-4 Gläser für genau das Buch. Darauf 2 Seiten "Ingredients", noch amüsanter. Denn auf den 2 Seiten sind bereits Bitters untergebracht, in denen er tatsächlich einfach nur sagt Aromatic und Orange und im Idealfall Mole/Chocolate wäre gut für das Buch, Bittermen's ist übrigens eine nette Marke (kein Witz), "Garnishes" (Zitruszesten, möglichst frisch) und "Ice" (möglichst gut), alles in diese anderthalb Seiten gepackt.

Dann noch als letztes 3 Seiten wirklich gröbste, wichtigste Zusammenfassung was Tequila vs. bzw. & Mezcal definiert inklusive des Herstellungsprozesses.

Der tolle Augie March wurde bereits hier vorgestellt

So bleibt dann wirklich 90% des Buches für das Wichtigste in einer klassischen Rezeptsammlung (und mehr will das Buch beileibe nicht sein): Die Rezepte natürlich.

62 sind es an der Zahl, ca. zur Hälfte mit Mezcal als Hauptzutat, die andere Hälfte wiederum halbiert in Tequila und Mezcal + Tequila, also für Drinks, die beide Agave-Kategorien nutzen. Mezcal nimmt also insgesamt schon klar den Fokus ein, was ich aber gut finde. Viele Drinks sind bebildert, minimalistisch & ansprechend, aber auch keinen Photographiepreis gewinnend; nur manche kommen ohne Fotos aus, meißt die simpleren. Die Ratio von Bild/kein Bild hier ist durchaus gut und man hat nie das Gefühl, dass an Aufwand gespart wurde.

Ein weiteres positives Verhältnis ist das von eher simplen "Riffs" auf Drinks die man schon kennt (siehe unten, z.B. einfach einen Mezcal Margarita) zu eher 85-90% interessanten Signatures, die, wie Simonson oben zitiert einleitete, aber alle in einem sehr angenehmen Aufwandsverhältnis stehen. Würde ich hier eine Schwierigkeitsskala führen, würde ich sagen das ist auf einer 5er-Skala eine 2 von 5, was die "Schwierigkeit" angeht, die Drinks mit einer leicht fortgeschrittenen Hausbar zuzubereiten. Fast keine exotischen Früchte, die es nur im Asiamarkt oder garnicht in manchen Ländern gibt, sogar fast keine Infusionen, vllt. 6-7 im ganzen Buch und diese auch ohne jede Technik zu bewerkstelligen, usw.

Die vllt. 2 simpelsten reinen "Riffs", sonst gibt es spannenderes

Was nun oft immer etwas undurchsichtig bei Cocktailbüchern ist: Nachzuvollziehen, welche Rezepte man hier überhaupt "exklusiv" besitzt. Im Gegensatz zu Werken wie "TIKI" von Shannon Mustipher, geschweige Grundlagewerken von bekannten Bartendern, oder eben Büchern, die von Bars selbst mit vielen ihrer exklusiven Hausrezepte herausgebracht werden, sind hier zu 99% (mit 2-3 Ausnahmen) eben aus Bars und von bekannten Bartendern (aka seinen Freunden) gesammelte Drinks von Simonson, die man so also jeweils einzeln durchaus auch woanders finden könnte. 2 habe ich z.B. sofort auch aus dem Death & Co erkannt, der Augie March (siehe oben) und der Spaghetti Western.

Dies klingt nun wirklich kritischer, als es soll. In Zeiten des Internets ist es eh nur noch selten der Fall, dass man jene Rezepte wirklich nur in diesem oder jenen Buch bei einem Zuhause findet, spätestens ein paar Monate nach Release.

Was ich immer wichtig finde: Zu jedem Rezept ist ein kleiner Text, mindestens 4-5 Zeilen, manchmal mehr, beigefügt. Mal einfach den Drink und die Herkunft beschreibend, mal auch nette und lustige Anekdoten, besonders wenn der Bartender ein Bekannter/Freund Simonson's ist.

Auch wichtig: In ca. der Hälfte der Fälle sind Marken vorgegeben. Auch dies finde ich ein an sich angenehmes Verhältnis, in einem anderen später zu besprechenden Mezcal-Werk ist jeder einzelne Drink wie in den Death & Co Büchern quasi Markengebunden und da auch nicht nur "Empfehlung" dort (dem anderen Werk) steht wie sonst manchmal, hat man direkt ein schlechtes Gefühl, wenn diese nicht genutzt wird.

Hier hat man eher das Gefühl, dass a) in der Tat darauf geachtet wird, dass gerade bei Drinks, die eh viele Player haben und eben nicht spirit-focused sind, die Marke nicht wichtig ist und daher nicht vorgegeben wird und b) es eher auch inkl. dem beiliegenden Text erklärt wird. Also beispielsweise beschrieben, welche Noten im Mezcal wichtig waren, warum es dieser ist. Womit man natürlich dann zumindest einfacher guten Ersatz finden kann.

Das Buch schließt nochmal mit zwei netten Seiten ab, ein Referenzguide quasi, in dem die Drinks wiederum nochmal mit Seitenzahl als Empfehlung in die "Familien" sortiert werden. Also getreu der Idee “Wenn du einen Negroni suchst: Drink XY Seite Z”, mit ca. ein Dutzend Kategorien und Drinkfamilien, in denen je die Drinks angegeben sind.

Dann folgt noch eine kurze Seite mit Empfehlungen an Werken zur Weiterbildung was Tradition, Herstellung und ähnliches bezüglich Agavenspirituosen angeht, in vollem Wissen also, dass dies hier das Gegenteil von jenen Werken ist, sowie ein solider Index mit den Zutaten & Drinknamen.


Fazit:

Simonson ist hier eine sehr nette Rezeptsammlung als Handbuch gelungen, modern bebildert und solide designt. Die Drinks sind der Fokus und jeder Home-Bartender, mit auch nur halbwegs Anspruch, sollte alle ohne Probleme & Sonderausstattung zubereiten können. Die Auswahl ist breit und für jeden Geschmack etwas dabei, wie auch die Quellen der Drinks breit gefächert sind. Für den eh schon nicht hohen Preis, aber spätestens gebraucht, als kleines Nachschlagewerk und Erweiterung der gedruckten Rezeptbibliothek daheim (und mehr auch nicht) eine klare Empfehlung.

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