#65 | Bar Magritte, Brussels, Belgium
Last Visit: Spring 2025
Kommen wir im heutigen Artikel zu der einzigen Hotelbar, die ich bei meinem letzten Trip nach Brüssel besucht habe und ehrlicherweise die einzige, die nach langer Recherche halbwegs spannend und an hochwertigeren Drinks interessiert schien. Das wäre die Bar Magritte im 5-Sterne-Hotel Amigo. Sie liegt angenehmerweise wirklich nur 50 Meter entfernt eine Straße hinunter vom zentralen Grand Place mitten in Brüssel, wo all die wundervollen, klassischen Gebäude mit den glitzernden Goldelementen an den Fassaden stehen, inkl. dem alten Rathaus.
Das Hotel liegt in einem historischen Gebäude mit roten Backsteinen, was zwar nicht so prachtvoll wie manch Pariser Vertreter mit 5 Sternen wirkt, aber repräsentativ genug ist und vor allem direkt belgischen Charakter in seiner Architektur versprüht. Durch einen verglasten Eingangsbereich, als auch generell viel Helligkeit und frische Farben im Interieur, vielen Lichtelementen, als auch smartem Design, wirkt das Hotel überraschend freundlich und einladend innen, trotz der historisch eigentlich kleinen Fenster und beschränkten Möglichkeiten. Innen wird eine zeitgemäße, hochwertige Mitte zwischen historischen Elementen für den altehrwürdigen Charme und vielen (geschmackvollen) modernen Designelementen eingehalten.
Da das Hotel von außen nicht wie ein unbedingt notwendiger Fotostop wirkt, sind auch angenehmerweise im Vergleich zu manch Pariser oder geschweige NYC Hotel keine reinen (nicht-übernachtenden) Touristen nur zum Fotografieren oder auch für die Bar da, man hat gemütliche Ruhe. Dies ist auch nötig, da der (offene) Bar Room direkt hinter dem Eingang rechts, also keine 10 Meter entfernt vom zentralen Geschehen, in einer Ecke des Erdgeschosses liegt.
Im Bar Room trägt sich das gelungene Design wirklich toll weiter. Das kann mithalten 1) mit den Fotos online (selten genug) und 2) mit manch ansprechend designter Hotelbar in London mit ähnlichen Konzepten. Sie ist nicht riesig wie eine Atlas Bar, aber die an Magritte angelehnten Wandfarben funktionieren trotz der funky Kombination super, vor allem mit den Bronze-Elementen der Theke und Back Bar, die sich auch sehr chique gibt. Mein absolutes Lieblingselement: Auf dem Flügel steht ein Schachset, gespickt mit kleinen Vintage Sherry- und Portgläsern als Figuren auf dem Brett, fantastisch.
Apropos Flügel, einmal die Woche gibt es typische live Musik mit Sax, am Flügel täglich abends und was das Schachset auf dem Klavier angeht: Eine sehr coole Anspielung darauf findet sich in einer Option auf dem Menü. Man kann wahlweise 2 Signature Drinks oder 2 hochwertige Tees aus dem Menü zusammen mit einer großen Auswahl an homemade Pralinen und Schokoladen auf einem Mini-Schachbrett bestellen, zu knapp 50 €. So kleine Ideen, die innerhalb des Konzepts Sinn ergeben, gefallen mir immer extrem. Das Menü selbst ist, wie man sich sicherlich vom Bar-Namen ableiten kann, von einem der größten belgischen Künstler inspiriert: René Magritte. So zieren seine surrealen Werke je eine Seite im Signature-Teil des Menüs. Das ist nett, aber auch nicht sonderlich aufwendig, hier hätte man mehr mit Design und Layout spielen können, als einfach klassisch auf einer Seite halt den kompletten Print des Originalwerks zu zeigen. Wie öfter in so durchgedachten und aufwendig abzusegnenden Projekten in Hotels, wird auch nicht wirklich gewechselt im Menü wie in unabhängigen Bars. Ich habe z. B. das exakt selbe Menü mit denselben Drinks darin schon 2023 zurückgehend online gefunden. Aber das fällt ja auch nicht negativ auf, bei 1–2 Besuchen während einem Aufenthalt in der Stadt.
Good Faith
| Bourbon infused with Almond
| Tio Pepe Sherry
| Simple Syrup
| Bitter
| Mezcal
Schöne dezente Smokyness, nicht zu überladen, wie es sonst schnell bei smoked Cocktails passieren kann. Vermutlich da es Liquid Smoke war und keine konkrete, kantige Holzart. Man hat das Rauchmandelaroma, mit einer schönen Salzigkeit und leichten Trockenheit vom Sherry, etwas Holz und Toffee des Bourbons dahinter. Dazu kommen etwas kandierte Nüsse und ein Hauch Würze. Gleichzeitig wirkte er schon wie ein möglicher Top-Drink, gefiltert durch einen „Aber wir sind noch eine Hotelbar“-Filter, ein wenig mehr Sirup hier, ein bisschen mehr Wasser da und weniger Bourbon als ich es gerne hätte, smooth und sehr rund. Trotzdem ein gelungener Start, der gerne hätte noch knackiger sein können bei den Zutaten.
Magritte
| Dark Rum
| Bordeaux Red Wine
| Apricot Brandy
| Strawberry Liqueur
| Orange Juice
| Honey Syrup
Der war leider eine kleine Enttäuschung. Kein schlimmer Drink per se, aber schlicht ein sehr flacher und austauschbarer, was schade ist bei der spannenden Kombi aus gelagertem Rum und Rotwein. Lustigerweise meinte der Bartender noch, der Drink sei aufgrund Magrittes Liebe für Rotwein auf dem Menü. So Statements sind natürlich immer verhängnisvoll, wenn man dann im finalen Drink absolut nichts davon merkt und er gefühlt auch mit allem anderen hätte gemacht werden können. Er wirkt wie ein zusammengewürfelter und von Orangensaft und der dezenten Erdbeersüße überlagerter Tiki-Drink, der nicht ganz an moderne Geschmäcker angepasst wurde. Zwar nicht pampig-süß wie manche alten Rezepte, aber eben ohne irgendwas abseits von „Ah, Fruchtsaft“ und noch etwas Erdbeere herausschmecken zu können, weder Rum noch Wein.
Die Bar Magritte ist eine jener Hotelbars, die einem absolut nicht wehtun, aber auch abseits von ihrem äußerst ansprechenden Design auch sicherlich nicht das Herz aufgehen lassen. Die Drinks tendieren sowohl in ihrer Anzahl, als auch den Rezepten zur etwas sanfteren und süßen Seite. Sie sind nicht schlecht gemacht, jedoch werden sie auch nicht den insbesondere in Social Media und auf der Website zu sehenden, sehr aufwendigen und ansprechenden Fotos und der Inszenierung gerecht. Der Service und das Ambiente, sowie auch das grundlegende Design der Karte sind durchaus der 5-Sterne Location würdig.
So kann ich auch gerade aufgrund der angenehmen, früheren Öffnungszeiten (spätestens um 11 geht es los) trotzdem empfehlen einfach zum Aperitif oder auf einen kleinen Drink zum Day Drinking vorbeizukommen und das Ambiente und den Service zu genießen, sowie vllt. eine Kleinigkeit zu essen. Mixologische Meisterleistungen sollte man aber nicht erwarten.
/rds
Auszüge aus dem Menü (anklicken für Originalgröße):